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Herrlich statt hektisch: Wie Sie mitten im Meer der Hektik Lebensqualität zurückgewinnen
Leiden Sie permanent unter Zeitdruck und sind gehetzt („hurry sickness“ nennen das die Amerikaner)? Können Sie kaum mehr abschalten oder etwas in Ruhe genießen? Sind Sie unzufrieden, weil im Rückblick alle Tage irgendwie gleich aussehen? Genau so geht es vielen Menschen. Unser Rat: Resignieren Sie nicht, sondern versuchen Sie sich an der Quadratur des Kreises, die da heißt: Lebensqualität trotz hoher Belastung. Das kann gelingen!
Nehmen Sie den Begriff „abschalten“ wörtlich
Überprüfen Sie Ihre Gewohnheiten: Wie oft am Tag hören oder sehen Sie Nachrichten? Wie häufig rufen Sie Ihre E-Mails ab oder unterbrechen Ihre Arbeit, um die automatisch eintreffenden Mails sofort zu lesen?
simplify-Tipp: Machen Sie Schluss mit der Nonstop-Information. Vergrößern Sie die Abstände schrittweise. Hören Sie die Abendnachrichten statt 5-mal zunächst nur 3-mal, später dann nur 1- oder 2-mal. Bündeln Sie Ihre Durchsicht der E-Mails: statt „sofort“ erst nur alle 30 Minuten, später 1-mal pro Stunde. Schalten Sie Ihr Mailprogramm für konzentriertes Arbeiten auch einmal komplett ab.
Lassen Sie lesen
Viele Menschen lassen sich lieber von einem dicken Stapel an Tageszeitungen und Zeitschriften permanent ein schlechtes Gewissen machen, als auch nur eine Ausgabe davon ungelesen in den Papierkorb zu werfen.
simplify-Tipp: Lesen Sie nur jede 2. Ausgabe all jener dicken Druckwerke, die für Sie keine Pflichtlektüre sind. Wenn Sie die „Papiervergeudung“ reut: Teilen Sie sich ein Abo mit den Nachbarn, und wechseln Sie sich ab. Zwischen meinem Mann und mir (Ruth Drost-Hüttl) hat sich folgende praktische Aufgabenteilung etabliert: Jeder liest etwa die Hälfte unserer vielen (gemeinsamen) Zeitschriften und markiert dabei diejenigen Themen, die für den anderen interessant sein könnten.
Verlangsamen Sie Ihre Kommunikation
Das ist keine Zeitverschwendung, sondern trägt dazu bei, dass der Austausch intensiver wird und Ihre Anliegen mehr Beachtung finden. Sigrid Hauer, von Beruf Coach und Geschichtenerzählerin, rät zu systematischen Gesprächspausen: Ergreifen Sie nicht sofort das Wort, wenn Ihr Gegenüber zu sprechen aufgehört hat, sondern geben Sie ihm (und sich selbst) 3–5 Sekunden Nachdenkzeit. Oft wird er dann nochmals ansetzen und noch etwas Wesentliches sagen. Achten Sie auch auf „Nachsätze“ – ausgesprochen etwa auf dem Weg in die Zigarettenpause oder beim Abschied an der Tür: Häufig kommt dabei erst das Eigentliche zur Sprache.
simplify-Tipp: Teilen Sie wichtige Anliegen nicht per Mail oder Computerschreiben mit, sondern mit einem handschriftlichen Brief. Der Medienpädagoge Mark Riklin ist davon überzeugt: Gerade die Langsamkeit solcher „Kommunikationsdinosaurier“ – Sie brauchen länger fürs Schreiben, die Post befördert weniger schnell als das Internet – führt dazu, dass der Inhalt beim Empfänger mehr Beachtung findet.
Nehmen Sie Ihre Tage einzeln wahr
Obwohl ihre Tage randvoll gefüllt sind, kommt es vielen Menschen im Rückblick so vor, als seien diese eine einzige graue Masse. Schon die vorangegangenen Tage und Wochen scheinen so weit weg zu sein, dass sie sich kaum daran erinnern können.
simplify-Tipp: Führen Sie ein Tagebuch, das sich ganz anders liest als die Einträge in Ihrem Termikalender. Notieren Sie dazu jeden Abend 3 Begebenheiten, die diesem Tag eine besondere Note gegeben haben, z. B.: „Meine muffelige Kollegin hat mich gegrüßt!“ – „Abends spontan mit Michael auf ein Bier gegangen.“ – „Regen: war bis auf die Knochen nass!“ Lesen Sie Ihre alten Einträge regelmäßig – und Ihr Leben wird sich bunter anfühlen.
Machen Sie Schluss mit dem gnadenlosen Verdichten!
Viele überlastete Menschen verstehen unter Zeiteffizienz: jede freie Minute füllen. Gehören Sie auch zu denjenigen, die noch die Spülmaschine ausräumen, wenn sie „erst in 3 Minuten“ das Haus verlassen müssen? Oder die „kurz noch“ die Kollegin zurückrufen, wenn der Chef noch nicht in der Nähe des Besprechungszimmers zu sehen ist? Damit riskieren Sie nicht nur, doch zu spät zu kommen, sondern handeln oft auch kontraproduktiv. Etwa wenn Sie das saubere Geschirr in der Eile auf der schmutzigen Oberfläche abstellen oder die Kollegin hinterher verärgert ist, weil Sie sie uncharmant abgefertigt haben, als der Chef auftauchte.
simplify-Tipp: Nutzen Sie jede zufällig freie Minute – um sich eine kleine Pause zu gönnen. Setzen Sie sich hin, und tun Sie einfach nichts. Vielleicht macht Sie das zunächst unruhig. Wenn Sie sich wieder daran gewöhnt haben, wird es Ihnen guttun.
Gerade wer stark eingespannt ist, möchte die wenige freie Zeit optimal nutzen. Die Freizeit wird daher häufig genauso gnadenlos durchgeplant wie das Berufliche. Die Folge: Verabredungen, die Freude machen sollten, werden zu Terminen, die Sie hinterher „abhaken“, spontan geht gar nichts mehr.
simplify-Tipp: Lassen Sie 1 Wochenende pro Monat komplett unverplant auf sich zukommen, und entscheiden Sie spontan nach Lust und Laune, was Sie tun möchten. Meine Erfahrung damit: Meist füllt sich so ein Wochenende kurzfristig wie von selbst so, dass ich hinterher rundum zufrieden bin.
Urlaub: Lassen Sie den Weg zum Ziel werden
Das Gebot der Geschwindigkeit haben viele Menschen auch in Sachen Urlaub verinnerlicht: möglichst schnell möglichst weit weg. Im Internet angepriesene Billigflieger machen es möglich: ab 10 € nach London, ab 19 € nach Athen, ab 216 € nach Dubai …
simplify-Tipp: Sehen Sie die Anreise nicht als lästiges Übel, das es möglichst schnell hinter sich zu bringen gilt. Probieren Sie zumindest innerhalb Europas Alternativen zum (umweltfeindlichen) Flieger. Nehmen Sie eine Fähre von Italien nach Griechenland, Venedig – Patras etwa ist schon eine Minikreuzfahrt. Oder lassen Sie sich vom Eurostar in 6 Stunden von Köln ins Herz der britischen Hauptstadt bringen. Oder machen Sie den Weg zum eigentlichen Inhalt Ihrer Reise – ob Sie mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau aus 9.000 km gen Osten reisen oder sich in heimischen Gefilden mit Ihrer eigenen Muskelkraft fortbewegen. Solch ein sportlicher Natururlaub muss nicht unbequem sein. Viele Fernwanderwege oder Radrouten hierzulande (z. B. der 320 km lange Rheinsteig) haben inzwischen eine ausgezeichnete Infrastruktur: nettes kleines Hotel statt Camping, Gepäcktransfer statt Rucksackschleppen.
Autorin: Dr. Ruth Drost-Hüttl
Mit freundlicher Genehmigung des Orgenda Verlag. Quelle: simplify-Newsletter und simplify-Homepage.