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Ent-opfern Sie sich: Wege aus einer überraschend weit verbreiteten Falle
„Sie opfert sich für die Kinder auf.“ – „Er macht sich für seinen Beruf kaputt.“ Das gibt es nicht erst heutzutage. Opfern ist ein uraltes menschliches Bedürfnis, eine Art Gegenenergie zum Selbsterhaltungstrieb. Es ist das, was ein Mensch tun kann, wenn er sonst nichts mehr tun kann. Menschen opferten, um das Wetter zu beeinflussen oder den Ausgang einer Schlacht.
Das taten sie vermutlich bereits, bevor es Religionen gab. Sie opferten stets etwas Lebensnotwendiges: Tiere, einen Teil der Ernte, einen Menschen oder im extremsten Fall sich selbst. Ja, vermutlich ist auch der Krieg eine verzweifelte riesige Opferhandlung, denn es sind ja die Mitglieder beider Parteien bereit, für einen höheren Zweck zu sterben. Das muss nicht sein. Hier folgen bewährte Tipps zu diesem Thema:
Der letzte Ausweg in der Partnerschaft
Recht häufig findet sich das Opferphänomen in der Partnerschaft, weil es dort als das letzte Mittel erscheint, um den anderen Menschen zu beeinflussen. „Ich opfere mich für dich auf“ hat ausgesprochen oder unausgesprochen eine sehr mächtige Wirkung auf den anderen. Aber es ist (wie beim Krieg) niemals eine schöpferische, sondern stets eine zerstörerische Kraft. Sie schadet dem, der sich opfert (und früher oder später körperlich krank wird) genauso wie der Beziehung.
Männer arbeiten sich kaputt
Das Sich-Aufopfern ist keineswegs eine weibliche Domäne. Der Mann, der in seinem Beruf aufgeht und sich für seine Firma aufopfert, versteht das unbewusst als verzweifelte Hingabe an seine Frau oder Familie. „Männer haben häufig keinen Zugang zu ihren Gefühlen“, meint der Soziologe Holger Heide, „und so versucht ihre Seele, sie durch Arbeit und Überarbeitung zu zeigen.“ Heide mutmaßt, dass viele Herzinfarkte verdeckte Opferhandlungen sind.
Frauen opfern sich auf
Eine bittere, aber notwendige Einsicht: Auch derjenige, für den Sie sich aufopfern, hat nichts davon. Der Mann, dessen Frau sich wegen ihm bestimmte Freuden versagt, erlebt es vielleicht als Bequemlichkeit, dass er sich abends an einen gedeckten Tisch in einer blitzsauberen Wohnung setzen kann. Aber dafür sitzt ihm dann eine freudlose Frau gegenüber. Die Frau, deren Mann sich im Beruf für die materielle Sicherheit seiner Familie aufreibt, will vielleicht lieber einen ärmeren, aber dafür gesunden Mann.
Wie finden Sie aus der Falle?
Der 1. und wichtigste aller Bezieungstipps zu diesem Thema: Kratzen Sie den Verschönerungslack von dem Wort „Opfer“. Machen Sie sich klar, dass es für keinen Beteiligten etwas Gutes bringt, wenn sich einer aufopfert. Vielleicht haben Sie in Ihrer Kindheit gelernt, dass Sie sich opfern müssen, damit die andern Sie mögen. Wenn das so ist, sagen Sie zu sich: „Ich bin erwachsen. Meine Kindheit ist vorbei.“
Positive Aggressionen
„Angriff“ oder „Aggression“ hat für Sie wahrscheinlich einen schlechten Klang. Sie suchen nach Lösungen, die für alle gut und schmerzlos sind – doch meist ziehen Sie dabei den schwarzen Peter, um den anderen alle Schwierigkeiten zu ersparen. Führen Sie sich vor Augen, dass „Angriff“ nicht Krieg und Vernichtung heißen muss, sondern auch einen guten Anteil hat: Wenn Sie jemanden angreifen, gehen Sie auf ihn zu (lateinisch „aggredere“) und nehmen Kontakt auf. Nur so können Sie eine gerechte Verteilung zwischen Ihrem Freiraum und dem des anderen bewirken. Eine Opferhaltung führt nicht zum Kontakt und zur wirklichen Berührung mit anderen Menschen. Sich aufopfernde Menschen haben aufgehört, sich im Zusammensein mit anderen psychisch zu ernähren.
Belohnen Sie sich
Das Ziel ist: Freude, Sinnenhaftigkeit und Genuss akzeptieren zu lernen. Kehren Sie zurück zum Vertrauen in Ihr Leben. Der Anfang könnte darin bestehen, sich kleine Vergnügen zu bereiten, die Sie aufpäppeln und verwöhnen, bis Sie später frei werden, sich auf andere zu beziehen und ihnen Vergnügen zu spenden, um es dann umgekehrt aus deren Händen selbst zu empfangen.
Autor: Werner Tiki Küstenmacher
Mit freundlicher Genehmigung des Orgenda Verlag. Quelle: simplify-Newsletter und simplify-Homepage.